Als junger Amifan zählte nur die Leistung für mich. Damals, achtzehn Jahre jung, war ich voll auf Musclecars fixiert. Ein guter Freund von mir hatte damals einen 1969 Dodge Charger R/T und einen Dodge Challenger 383. Mit dem Charger war er mein Held und möglicherweise sogar mitschuld für mein Faible. Ein Motor musste mindestens sechs Liter Hubraum, über 300 PS haben und möglichst laut sein, dies meine damalige Einstellung. Wenn andere mit Fullsize Cabrios herum fuhren oder ein Flaggschiff wie einen Cadillac bewegten, besassen die ein Grossvaterauto, sonst nichts. Mittlerweile, die vierzig Lenze erreicht, fahre ich selber so ein Grossvaterauto und ich geniesse jeden Meter damit. Mit dem fast sechsmeterlangen Kreuzer über die Landstrassen im Emmental zu gleiten, das Dach unten und einfach die Natur geniessen, ein erhabenes Gefühl. Der Motor, ein 8,2l Aggregat, brabbelt sonor vor sich hin und erinnert an einen alten Fischkutter. Für den Cadillac habe ich keinen Rappen bezahlt. Als ich den Wagen in der Nähe von Zürich besichtigen gin, wurden wir, der Verkäufer und ich, uns im Preis nicht einig. Als Beni, der Besitzer fragte, ob ich etwas zu tauschen hätte, zeigte ich ihm ein Übersichtsfoto meiner Sammlung. Spontan fand er Begeisterung an der schwarzen Harley Davidson von 1972. So standen er und seine Frau Vera, nur eine Woche später bei mir und Beni machte eine Probefahrt auf der Shovelhead. Umgekehrt schwang ich mich zum ersten Mal in ein Caddy Cabrio und drehte eine Runde mit dem Strassenkreuzer. Nach dem gemeinsamen Mittagessen standen wir vor beiden Fahrzeugen, blickten uns an und wortlos reichten wir uns die Hand. Sofort verluden wir die Harley in den Pferdetransportanhänger und ich führte Beni und Vera nach Hause. Den Cadillac hatten wir vorgängig an seinem neuen Platz in der Halle abgestellt. Dieser Beni war ein spontaner und verrückter Typ und mir daher sehr sympathisch. Ich war mir sicher, mit dem werde ich noch öfters zusammenkommen. Keine zwei Monate später bekam ich eine SMS von Vera. Ein Hirnschlag habe ihren Mann viel zu früh aus dem Leben gerissen. Auf der Harley sei er wegen des schlechten Wetters kein einziges Mal gesessen. Beni hinterliess nebst seiner Frau, vier junge Töchter. Selbstverständlich bot ich Vera an, den Caddy wieder gegen die Harley zu tauschen, denn der Wagen hatte Platz für alle fünf und verbindet sie mit Beni. Vera sagte mir, dass sie nun Benis Traum umsetzen und die alte Harley für ihn fahren werde, der Cadillac sei bei mir gut aufgehoben. Diese Antwort hat mich tief berührt.
In Memory
Bernhard Pineider, 28.06.1963 – 18.12.2016